Samstag, 19. Dezember 2015
Küssen!!! (17.12.2015)
Vormittag.
11 Uhr. Neben mir an der Ampel vor der Johanneskirche stehen zwei unglaublich dumme Männer. Sie haben versucht, mit zwei Mädchen zu reden, bekamen aber keinen kompletten deutschen Satz zusammen, obwohl, glaube ich, nur einer Türke ist. Der etwas weniger türkisch aussehende spuckt neben mir auf den Boden. Ich spucke auch. Er versucht, ein zweites Mal zu spucken, aber selbst dazu ist er zu blöd. Die Spucke landet auf seiner Jacke. Geschieht ihm Recht.

12:30 Uhr. An der Ampel vor der Conrad-Filiale. Neben mir ein junges Paar. Spießige saarländische Teenager, sie im obligatorischen olivgrünen Parka. Sie sind so manipulierbar wie Dibbelabbes (saarländisches Regionalgericht) in der Pfanne. Ich entspanne leicht meinen Körper und stelle mir eine total hässliche, unterprivilegierte, verschrobene, grauhaarige Frau vor. Diese Imagination wirkt immer. So ist es auch diesmal. Die Zwei wenden sich einander zu, schauen sich tief in die Augen. Dann geht die Knutscherei los. Es gibt mehrere Zungenküsse, bis die Fußgängerampel auf Grün schaltet und das Idioten-Pärchen sich in Bewegung setzt. Ich gehe noch einige Meter hinter ihnen her, aber sie haben sich beruhigt. Ich schicke ihnen trotzdem ein paar Verwünschungen hinterher. Ich wünsche ihnen auf ihrem weiteren Lebensweg jedes nur denkbare Unheil. Krankheit, Scheidung, Arbeitslosigkeit, Tod ... Während ich diesen Satz auf einer Bank in der Europa-Galerie schreibe, nimmt das Unheil menschliche Gestalt an. Drei türkische Jungen und ein Mädchen treffen sich. Neben der Bank, auf der ich sitze, klatschen sich die Jungen ab. (Diese dämliche Bewegung, die in den Neunzigern "in" war. Mit der flachen Hand gegen die flache erhobene Hand des anderen schlagen.)

Nachmittag.
17 Uhr. Am Bahnsteig in Brebach. Es ist kalt und dunkel. Ich habe bei H&M einen Pullover gekauft. Er gefällt mir, aber er ist zu kurz. Zehn Zentimeter länger wäre er perfekt ... Zehn Meter weiter versinkt ein Ehepaar gesetzten Alters in einem innigen Kuss. (Ich weiß nicht, was die Küsserei mit meinem Pullover zu tun hat, aber es gibt einen Zusammenhang.)

Danach in der Saarbahn. Drei Migranten unterhalten sich lautstark. Vor mir auf dem Sitz ein Ehepaar mittleren Alters, das in der Taubstummen-Gebärdensprache miteinander redet. Ein Mann in Handwerker-Montur steht an der Ausganstür und pfeift. Am Hauptbahnhof steigt der taubstumme Ehemann aus. Vorher gibt er seiner Frau einen übertrieben innigen, schmatzenden Kuss auf den Mund. Am Kinderwagenplatz steht ein jüngeres Paar. Er hat einen roten Vollbart, sie ist blond. Ich sehe zu ihnen hinüber und sie geben sich zwei schmatzenden Küsse. Eine Frau mit blondierter strohiger Dauerwelle steigt ein. Sie begrüßt das rot-blonde Paar ebenfalls mit schmatzenden Küssen.

18 Uhr. In der Saarbahn nach Saarbrücken. Eine blonde Frau in einer hellbraunen Steppjacke steht auf, um auszusteigen. Sie schubst ein kleines Mädchen zum Ausgang. Ich frage mich, ob die Jacke mit Daunen gefüllt ist. Hinter mir pfeift jemand düdeldadüdü.

18:30 Uhr. Als ich Schülerin war, gab es in der Bahnhofstraße in Saarbrücken ein Pronuptial-Brautmoden-Geschäft. Nie werde ich meinen Traum aufgeben, in einem weißen Brautkleid zu heiraten und hübsch auszusehen ... Meine Gedanken teilen sich einem widerlichen Paar auf der Rolltreppe in die Diskonto-Passage mit. Ich betrete die Rolltreppe und, als hätte ich einen Knopf gedrückt, drehen sie ihre Köpfe, sie lächeln sich begeistert an und dann gibt es Küsse, Küsse, Küsse ... Der Mann ist dunkelhaarig, die Frau trägt einen olivgrünen Parka und hat ihre schlecht blondierten und kraus dauergewellten Haare zu einem albernen Dutt hochgesteckt. Eine absurde Parodie der klassischen Hochsteckfrisur für Bräute.

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